23.05.2013
Kurzhörspiele von Anna Helbok, Raphaela Konzett und Filiz Ugurlu

Zum fünften Mal in den letzten drei Jahren produzierte das ORF-Landesstudio Vorarlberg Kurzhörspiele von Mitgliedern der Jungen Szene von Literatur Vorarlberg. Dieses Mal waren es literarische Vorlagen von Anna Helbok, Raphaela Konzett und Filiz Ugurlu, die von Regisseur Augustin Jagg, Tontechniker Günter Hämmerle und Darstellerinnen und Darstellern vor allem des Ensembles um das Theater Kosmos zu kurzen Hörspielen verarbeitet wurden.
Erfreulich ist, dass dieses wichtige und erfolgreiche Projekt auch nach dem Abgang von Manfred Welte als Kulturchef, der ja diese Serie angeregt hatte, unter der Leitung von Jasmin Ölz-Barnay fortgesetzt wird. Erfreulich auch, wie viele Zuhörer zur Uraufführung am 22. Mai ins Publikumsstudio kamen, und wie rege die anschließende Diskussion verlief, an der die drei Autorinnen und der Workshopleiter Wolfgang Mörth teilnahmen. Alle deuteten diesen Zuspruch gern als Zeichen für das steigende Interesse an Produktionen dieser Art. Vielleicht gibt es sogar Anlass zur Hoffnung, die Verantwortlichen würden sich der reichhaltigen Hörspieltradition des Landestudios erinnern und in Zukunft auch wieder größere Eigenproduktionen in Dornbirn wagen. Die Qualität der hier präsentierten Arbeit sollte eigentlich Mut dazu machen.

Wie schon bei der letzten Staffel, hat auch dieses Mal Maximilian Lang kurze Einführungen zu den Hörspielen verfasst, die sie zusammen mit den Produktionsinformationen unter Details anzeigen abrufen können.

Anna Helbok: Der Besuch der kleinen Dame [Hörspiel] 10:39 min Details anzeigen
Produktion
© ORF Landesstudio Vorarlberg 2013 (Tontechnik und Schnitt: Günter Hämmerle)
Herausgeber
Literatur Vorarlberg
Regie
Augustin Jagg
Stimme
Wolfgang Pevesdorf, Heide Capovilla, Susanna Hohlrieder

„Farben auf kleinen weißen Tellern serviert. Dampfendes Grün, geschältes Gelb, verriebenes Weiß“. Adam ist so etwas wie ein Alchimist. Er geht auf den Markt und kauft Farben ein: Grün für Brokkoli, Rot für Himbeeren, Gelb für Kartoffeln. In seinem Atelier mischt er sie dann zusammen. Er wärmt sie auf, kocht mit ihnen. Er bemalt seine Leinwände, und die Farben gewinnen an Lebendigkeit und Eigenleben.
Diesmal geht Adam für Klara einkaufen. Sie ist Kunststudentin und kommt nicht zum Essen, „sie kommt nur zum Reden und Sehen“, so Adam. Im Atelier bewundert sie die Frau, die er in vielen Variationen malt. Klara ist irritiert und fragt ihn über die Unbekannte aus. Diese wird von einer Linie getragen und von einer Linie geliebt, und Adam, der Maler, lebt gewissermaßen mit ihr zusammen.
Immer stärker vermischen sich im Laufe des Textes Farben zu malerischen Ideen und Ideen zu Wirklichkeiten, in denen Adam lebt.

(Maxmimilian Lang)

Raphaela Konzett: Anna [Hörspiel] 10:02 min Details anzeigen
Produktion
© ORF Landesstudio Vorarlberg 2013 (Tontechnik und Schnitt: Günter Hämmerle)
Herausgeber
Literatur Vorarlberg
Regie
Augustin Jagg
Stimme
Susanna Hohlrieder, Anwar Kashlan, Heide Capovilla

Sie lebt seit 2856 Tagen hier, ihr Name ist Anna. Früher hieß sie anders. Doch wer sie einmal war, hat sie vergessen. Finden könnte sie dort, wo sie sich aufhält, nur Jan, der ein ähnliches Schicksal hat wie sie.

Jan hat gelernt, durch die Menschen hindurchzusehen. Seine Gedanken erzählt er niemandem. Er ist einsam, „doch das wird sich bald ändern“. 
Sie spielt ihre Rolle gut, wenn sie glücklich wirken muss. Zuhause sind ihr nur Verachtung und Unverständnis begegnet. Ihre Psychologin erklärt ihr: „Menschen reagieren nun mal mit Abweisung auf alles, was sie nicht verstehen“.
Nach vielen Jahren steht Jan dann plötzlich vor ihr. „Fürchtest Du Dich denn vor ihm?“, hatte die Psychologin gefragt. „Könnte er vielleicht krank sein?“ 
Jan wirkt unruhig. Er nimmt ihre Hand, und es macht ihr Angst, dass sie sich bei ihm so wohl fühlt. Seine Eltern hatten es ihm verboten, nach ihr zu suchen.
Endlich finden sich zwei, die einander wirklich verstehen. Anna hieß früher Mia. Doch als Jan sie abholt, schenkt er ihr einen Reisepass, in dem ihr neuer Name steht. 
(Maximilian Lang)

Filiz Uğurlu: Zeitlupenmomente [Hörspiel] 6 min 52 sek Details anzeigen
Produktion
© ORF Landesstudio Vorarlberg 2013 (Tontechnik und Schnitt: Günter Hämmerle)
Herausgeber
Literatur Vorarlberg
Regie
Augustin Jagg
Stimme
Susanna Hohlrieder, Sebastian Blechinger

 

Zeitlupenmomente sind „Augenblicke in voller Länge“. Das Gegenüber wandelt „Sekunden in Stunden und Tage“ um. Doch bei genauem Hinhören schlagen zwei Herzen nie in genau demselben Rhythmus. Verginge die Zeit langsamer, könnte man diese kleinen Unterschiede vielleicht wahrnehmen: „Wenn Du Dir ein paar Sekunden nimmst, um einmal genauer hinzuhören, kannst Du spüren, wie es aus dem Rhythmus fällt, einen Schlag aussetzt. Und man bemerkt, dass sich meine Welt so gar nicht wie Deine verhält“.

Sie verliert ihre Sprache, wenn er bei ihr ist. Sie irrt in Zeilen umher, die Wörter verletzen sie. Und er ist kein Mensch der Worte und meidet jeden Satz, der mit Wir beginnt. So wird der Vers „Ohne Dich“ wie ein Mantra wiederholt.
Doch dann werden Punkte vor die Wörter geschrieben, um Pausen im hektischen Zeitstrom zu setzen. Im Text verdichtet sich die Zeit zu wunderbaren, manchmal erschütternden Momenten.
„Vielleicht heißt ja in unserem Fall Auseinanderleben irgendwie wieder zueinander finden. Entschließe mich wie Du winzig kleine Punkte in mein Leben zu bringen“.

(Maximilian Lang)